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30.08.2022

Ingenieurbüros und Klima

Wussten Sie, dass auch Elektroautos nicht emissionsfrei sind und Photovoltaikanlagen durch ihre reflektierende Oberfläche Probleme verursachen können? Mag. Erich Meisterhofer von Müller BBM Austria spricht im Interview über die wichtige Rolle der Ingenieurbüros, die mit ihrer beratenden Tätigkeit auf diese Folgewirkungen aufmerksam machen. Außerdem verrät er, warum es nicht nur Techniker und Naturwissenschaftler braucht, um unserem Klima zu helfen.

Welche Rolle spielen die Ingenieurbüros, wenn es um unser Klima geht?

Mag. Erich Meisterhofer: Die Rolle der Ingenieurbüros ist die, die sie auch ansonsten hat: Wir sind planend tätig, wenn es um die Installation von klimafreundlichen Technologien geht und wir sind auch beratend tätig, wenn es darum geht, die Folgewirkungen dieser Technologien abzuschätzen. Letzteres wird bei klimafreundlichen Technologien gerne übersehen. Vielfach wird angenommen, dass der Einsatz von klima- und umweltfreundliche Technologien ohne Folgen ist. Folgenfreie Technologien gibt es aber prinzipiell nicht. Wir ersetzen zum Beispiel eine Gasfeuerung durch eine Biomassefeuerung und glauben, das ist jetzt schon das Ende, da gibt es keine Auswirkungen. Die gibt es aber, wenn man z. B. die Schadstoffemissionen detaillierter betrachtet, sehr wohl. Um das zu bedenken und die Vor- und Nachteile abzuwägen, braucht es Experten wie die Ingenieurbüros, die hier unterstützend tätig sind und einen tieferen Einblick haben, welche Folgen resultieren können.

Haben Sie ein Beispiel, bei dem die Ingenieurbüros die Folgewirkungen aufzeigen?

Ein einfaches Beispiel ist die Solarenergie. Natürlich halten wir den Einsatz von Photovoltaik für höchst sinnvoll und vielversprechend bzw. zukunftsfähig, aber man muss u.a. auch berücksichtigen, dass ein ungünstig montiertes Solarmodul zu Blendungen führen kann und somit Auswirkungen auf die Menschen in der Nachbarschaft und auf die Verkehrssicherheit haben kann. Wir halten auch Biomassefeuerungen im Sinne des Themas Klimaschutz für durchaus sinnvoll bzw. hilfreich, wenn auch nur mittel- und langfristig, nicht kurzfristig, aber Sie müssen bedenken, dass wir bis vor kurzem Biomassefeuerungen hatten, die bei den Abgaswerten bei weitem noch nicht so weit waren, wie wir es von optimierten Öl- oder Gasfeuerungsanlagen gewohnt sind.

Oder wenn wir davon sprechen, dass wir die Mobilität umstellen auf Elektromobilität, auch hier muss man ein bisschen weiter denken und weiter beraten. Viele Leute schütteln da den Kopf, wenn wir sagen, Elektromobilität ist lokal emissionsarm, aber nicht emissionsfrei, denn sie glauben, Elektromobilität verursacht gar keine Emissionen. Wenn sie Kenntnisse zur Luftreinhaltung haben, werden Sie aber wissen, dass auch ein Elektrofahrzeug durch Aufwirbelung auf den Straßen Feinstaubemissionen verursacht. Und dann sind zumindest heute natürlich auch noch die Emissionen bei der Erzeugung der dafür nötigen elektrischen Energie zu bedenken. Also auch hier ein bisschen tiefer zu denken und weiter zu denken, das erfordert technisch versierte Ingenieurbüros.

Man muss auch sehr oft individuell abstimmen, welche Wirkungen man erzeugen kann. Ob sie kurzfristig, mittelfristig oder langfristig sind oder sogar etwas Negatives erzeugen, wenn man diesen Trends blind folgt.

Wie wird es von den Kunden aufgenommen, wenn Sie auf die Folgewirkungen hinweisen?

Das sind Kunden eines Ingenieurbüro eigentlich gewohnt, dass wir Sachen bedenken, die ein Kunde eben nicht bedenkt. Wir haben hier ausreichend Erfahrung, weil wir diese Folgewirkungen Tag für Tag berücksichtigen müssen. Natürlich sind manche Kunden nicht erfreut, weil ja andere Bedingungen auch noch dazukommen, sei es finanzieller oder wirtschaftlicher Art. Nicht alles, was gemacht werden kann, wird dann auch gemacht, weil oft auch die Kosten dagegensprechen.

Was sind in Bezug auf das Klima die größten Herausforderungen für die Zukunft der Ingenieurbüros?

Im Grunde ist es gut ausgebildetes Personal. Was uns definitiv abgeht sind vor allem Techniker und Naturwissenschaftler. Wenn ich heute für Klima- und Umweltschutz eintreten will, sollte ich ein naturwissenschaftliches oder technisches Fach, eventuell auch ein wirtschaftlich oder juristisches Fach, studieren, um in der Wirtschaft in eine Position zu kommen, bei der ich in Sachen Klima- und Umweltschutz etwas beeinflussen kann. Es ist zwar richtig, mit Aktionen wie Demonstrationen auf die Klimaprobleme hinzuweisen, aber man muss den mühsameren Weg gehen, um etwas zu erreichen. Es braucht Fachleute in entsprechenden Positionen innerhalb der Wirtschaft, die ein Verständnis und ein Gefühl dafür haben, dass man die Umwelt nicht unendlich belasten darf, um zukunftsfähig zu sein. Kenntnisse im Bereich Technik und Naturwissenschaften, aber auch betriebswirtschaftliche oder rechtliche Kenntnisse, sind hier hilfreich, wenn man tatsächlich Einfluss nehmen will. Es ist einfach zu wenig, nur zu demonstrieren.

Was können Ingenieurbüros also tun, um unserem Klima zu helfen?

Es geht darum, die Klimaziele in den betrieblichen Alltag zu integrieren. Techniker und Naturwissenschaftler können hier Lösungen anbieten, es sind hier aber auch volks- und betriebswirtschaftliche Betrachtungen erforderlich und es sind die rechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen damit klimaschonende Technologien auch tatsächlich zum Einsatz kommen können. Kurzfristig betrachtet wird Klimaschutz den meisten Unternehmen nicht sofort helfen können Kosten zu sparen, es sei denn die Kosten für klimarelevante Emissionen steigen, z.B. aufgrund höherer Energiekosten oder aufgrund einer höheren Bepreisung von CO2-Emissionen noch weiter drastisch an. Trotzdem: Man kann und muss, wenn man verantwortungsbewusst auch mittel- und langfristig denkt, auch heute schon Klimaschutzmaßnahmen setzen bzw. etwas fürs Klima tun.

Sollten sich Ingenieurbüros selbst Klimaziele stecken? Wenn ja, welche?

Es sind vor allem die kleinen Dinge, an die ohnehin jeder selbst denken sollte, wenn es um eine positive Klimabilanz geht. Auch Ingenieurbüros senken ihren eigenen Energiebedarf und verändern die Mobilität, aber das ist natürlich auch ein vor allem mittel- und langfristiges Ziel. Kleiner gedacht wird auch unser nächstes Fahrzeug ein Elektrofahrzeug sein, aber gesamtheitlich betrachtet darf man nicht davon ausgehen, dass man sofort eine Verbesserung erzielt indem man ein altes Fahrzeug gegen ein Elektroauto tauscht. Das alte Fahrzeug wird unter Umständen bis zum bitteren Ende trotzdem irgendwo weiterbetrieben werden. Aber auch hier: Mit Maß und Ziel, mit Kopf und ein bisschen Menschenverstand verfolgen wir alle das gleiche Ziel, auch die Ingenieurbüros. Ob das schnell genug geht und das alles reichen wird um die negativen Folgen einer Klimaveränderung noch aufzuhalten oder abzufedern, ist wieder ein anderes Thema.

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