20. Mai 2022

Sicher in luftiger Höhe: Brandschutz für die neue "Kreischberg 10er"-Gondelbahn

Vor kurzem hat sie ihre erste Saison erfolgreich hinter sich gebracht: die neue 10er-Umlaufgondelbahn am Kreischberg, die für das Wintersportgebiet in der westlichen Steiermark mit rd. 40 Millionen Euro die größte Investition seiner Geschichte darstellt. In nur 270 Tagen entstand aus der 1992 errichteten 6er-Gondel die neue „Kreischberg 10er“ mit drei multifunktionalen Stationsgebäuden. 4.000 Personen, doppelt so viele wie vorher, können nun vom Tal aus den Berg erobern. Hoyer Brandschutz übernahm im Auftrag des Murauer Büros plan-ed die Brandschutzplanung für das alpine Großprojekt und stellte eines in den Fokus: den Schutz des Seils, der Lebensader der Anlage.

Zwischen dem letzten Betriebstag der 6er-Gondelbahn und der Inbetriebnahme der „Kreischberg 10er“ am 26. November 2021 lagen gerade einmal 270 Tage. In dieser Zeit wurden die Tal-, Mittel- und Bergstation erweitert und modernisiert, die Seilbahnstützen durch 30 neue ersetzt und 181 Gondeln auf das ebenfalls neu montierte Seil gehoben. Realisiert wurde das zeitkritische Bauvorhaben vom Murauer Generalplanerbüro plan-ed: „Bei einem solchen Infrastrukturprojekt sind viele Faktoren zu berücksichtigen, die es woanders schlicht nicht gibt. Oft liegt die Seilbahnplanung daher in der Hand weniger spezialisierter Unternehmen“, so Edwin Galler, Geschäftsführer von plan-ed. „Obwohl wir keine reinen Seilbahnplaner sind und die Umsetzungsdauer sehr kurz war, haben wir uns dieser Herausforderung erfolgreich gestellt und alle Wünsche des Bauherrn umgesetzt. Auch vonseiten der Behörde kam keine Beanstandung, sondern im Gegenteil großer Zuspruch. Das bedeutete grünes Licht, um die 10er-Gondel plan- und terminmäßig in Betrieb zu nehmen.“

 

Bandbreite an Nutzungen

Das Wiener Ingenieurbüro Hoyer Brandschutz konzipierte den Brandschutz für die neue Gondel und ihre Stationen. „Dieser spielt bei Seilbahnen eine große Rolle, denn wir haben es mit komplexen technischen Bauwerken zu tun. Auch die Betriebsgebäude haben den Status des ‚kleinen Lifthäuschens‘ längst hinter sich, sondern sind hochmoderne Bauten mit zahlreichen Nutzungen“, erklärt Geschäftsführer Ing. Werner Hoyer-Weber. In der Talstation wird das besonders anschaulich: Das dreigeschoßige Gebäude vereint die Kassen- und Abfahrtshalle, Verkaufsflächen, Gastronomie- und Veranstaltungsbereiche, Büros, Skidepots sowie mehrere Lager und Technikräume. Um die Nutzungen brandschutztechnisch voneinander abzutrennen, unterteilte Hoyer Brandschutz die Talstation in gleich 28 Brandabschnitte. Sie sind je nach Brandlasten und Brandgefahr mit unterschiedlichen Maßnahmen des baulichen, anlagentechnischen und organisatorischen Brandschutzes ausgestattet. 

 

Brandschutz in luftiger Höhe

Neben den Umbauten an der Tal-, Mittel- und Bergstation lag der Schutz des 3,8 Kilometer langen Seils im Fokus der Planung. Das Seilbahngesetz legt einen Schutzabstand bzw. ein Bauverbot von 12 Metern zum Seil fest. Um einer Gefährdung des Seiles über diese gesetzliche Vorgabe hinaus vorzubeugen, betrachtete Hoyer Brandschutz auch Gebäude mit einem Abstand von 20 Metern zum äußeren Seilstrang. „Die Bebauung in einem touristisch erschlossenen Raum wie dem Kreischberg ist nicht zu unterschätzen. Letztlich haben wir in einem Bereich von mehreren Hektar Größe analysiert, welche Gebäude eine Gefahr für das Seil darstellen könnten – ob Gasthaus, Holzhütte oder Heustadel“, so Hoyer-Weber. Relevante Gebäude erhielten zusätzliche Brandschutzmaßnahmen. Bei der ehemaligen Pistengerätegarage wurde etwa die Holzverschalung durch Brandschutzpaneele ersetzt. Darüber hinaus wurde das Gebäude an die Brandmeldeanlage der Mittelstation angeschlossen.

 

Gondeln in Sicherheit bringen

Diese großräumige Betrachtung bannt die Gefahr der Entstehung und Ausbreitung eines Brandes in und um die Seilbahnanlage. Als weitere Schutzvorkehrung wurde diese in der sogenannten „Betriebsart Brand“ ausgeführt. Dabei werden Sicherheitsfunktionen wie Stillstand oder reduzierte Geschwindigkeit, die im normalen Betrieb sinnvoll sind, bewusst übersteuert. Diese Betriebsart wird nur im Brandfall manuell durch die Betriebsleitung aktiviert und ermöglicht die schnellstmögliche Rückführung der Gondeln in die Stationen. Im Fall der „Kreischberg 10er“ sind bei einem Brandalarm alle Fahrgäste in den 181 Gondeln innerhalb von 10-15 Minuten im nächstgelegenen Stationsgebäude in Sicherheit.

 

Organisatorischer Brandschutz am Berg

Apropos 10-15 Minuten: Im Normalfall ist die Feuerwehr innerhalb dieser Zeitspanne an Ort und Stelle. Während dies auch für die Talstation zutrifft, wo der Löschangriff zu jeder Jahreszeit möglich ist, erreichen Einsatzkräfte die auf 1.771 Meter gelegene Bergstation im Sommer nur nach längerer Anfahrtszeit und im Winter gar nicht. Daraus ergeben sich erhöhte Anforderungen an den baulichen Brandschutz, aber auch im organisatorischen Bereich war ein Umdenken gefragt. So sieht das Brandschutzkonzept vor, dass das Personal der Bergstation für die erste und erweiterte Löschhilfe geschult wird. Hydranten, die über frostsichere Schneileitungen mit Löschwasser versorgt werden, ermöglichen ein rasches Reagieren. Zudem ist die Bergstation, wie auch die Tal- und Mittelstation, mit einer automatischen Brandmeldeanlage ausgestattet. Löst sie aus, wird ein vorab genau definiertes Alarmierungs- und Maßnahmenpaket in Gang gesetzt, um einen Brand frühzeitig zu erkennen und bereits in der Entstehung zu löschen.

Aus Alt mach Neu

„Man sieht, wir haben es bei einer Seilbahn mit Rahmenbedingungen zu tun, die eine besonders umsichtige und ganzheitliche Brandschutzplanung erfordern machen“, betont Hoyer-Weber. Dazu zählte auch der Umgang mit dem Bestand. Ziel war es, bei den Umbauten an den Stationsgebäuden aus brandschutztechnischer Sicht mit möglichst wenig Abbruch auszukommen. So wurde etwa die alte Gondelgarage an der Mittelstation einer Nachnutzung zugeführt und dient künftig als Lager. Bei der Aufstockung der Talstation galt es aufgrund der unterschiedlichen Nutzungen ein zeitgemäßes Raumkonzept zu finden, das die sicherheitstechnischen Anforderungen erfüllt, alle Beteiligten zufriedenstellt und am Ende des Tages kein Stückwerk, sondern ein einheitliches Gebäude darstellt. „Bei diesem, aber auch vielen anderen Planungsaspekten, war es ein großer Vorteil, dass wir mit plan-ed einen Auftraggeber hatten, der mit den lokalen Gegebenheiten bestens vertraut ist. Und der den großen wie auch kleinen Herausforderungen, die so ein Projekt zwangsläufig mit sich bringt, immer lösungsorientiert begegnet“, lobt Hoyer-Weber die Zusammenarbeit.

Alle Fotos: (c) plan-ed GmbH


Kristin Bernhard